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AVIVA-BERLIN.de im Mai 2024 - Beitrag vom 19.12.2010


Mädchen, Jungen, Genderkram. Nachlese der Fachtagung zu Jugend- und Bildungsarbeit in Berlin
Britta Meyer

Wie sieht geschlechtersensible Erziehung in der Praxis aus, welche Vorteile bringt sie und wie weit ist die gendergerechte Erziehungsarbeit in den letzten zehn Jahren gekommen? Die Tagung...




... "Mädchen, Jungen, Genderkram? Berliner Wege in der Jugend- und Bildungsarbeit" hat sich diesen Fragen am 15. Dezember 2010 in Berlin gewidmet.

Ziel der von der Berliner Senatsverwaltung für Wirtschaft, Technologie und Frauen veranstalteten Fachtagung war es, die bisher erfolgten Gender Mainstreaming Maßnahmen und Projekte im Bereich der Jugend- und Bildungsarbeit einer umfassenden Auswertung zu unterziehen und gemeinsam mit ExpertInnen einen Fachaustausch zwischen den Bezirken zu leisten.

Der Vormittag stand unter dem Motto "Alles Gender?". Rückblicke auf den Prozess des Gender Mainstreaming in Berlin zeigten aktuelle Herausforderungen auf und gaben einen Ausblick für die weitere Diskussion und Praxis. Daran schloss sich die Vorstellung von erfolgreichen Instrumenten der geschlechtergerechten Jugendarbeit an, gefolgt von erfolgreichen Praxisbeispielen aus den Bezirken Lichtenberg und Neukölln.

Am Nachmittag stand die vorschulische und schulische Bildungsarbeit im Fokus der Diskussion und die anwesenden VertreterInnen aus Politik, Verwaltung und aus der Praxis debattierten die Frage, wie die Umsetzung von Gender Mainstreaming im vorschulischen und schulischen Bereich perspektivisch ausgerichtet und gestaltet werden sollte.

Gabriele Vonnekold, Bezirksstadträtin für Jugend vom Bezirksamt Neukölln wies hierbei dezidiert darauf hin, dass ErzieherInnen in Kitas noch immer vergleichsweise sehr schlecht bezahlt werden, was als einer der Gründe dafür gelten kann, warum es so schwierig ist, Männer für diesen Beruf zu interessieren. Jens Krabel von der Koordinierungsstelle "Männer in Kitas" wusste von bereits im Kita-Alter geprägtem heteronormativem Rollenverständnis von Kindern und von einer noch immer weit verbreiteten Homophobie in der vorschulischen Bildungsarbeit zu berichten.

Anja Tempelhoff, Schulleiterin der Wolfgang-Borchert-Oberschule, stellte ihr seit Jahren erfolgreiches Projekt "Roberta" vor. Im Rahmen freiwilliger Arbeitsgemeinschaften bringt sie den Mädchen ihrer Schule den Umgang mit Informatik und Technik nahe, indem sie sie - bereits international preisgekrönte - Roboter bauen und programmieren lässt. Diesen jungen Frauen wird in ihrem späteren Leben schwerlich ein geschlechtsbedingt mangelndes Technikverständnis eingeredet werden können.

Regelmäßig durchgeführte Befragungen der ErzieherInnen und der Jugendlichen haben ergeben, dass angewandtes Gender Mainstreaming zu einer deutlichen Verbesserung der Atmosphäre in den Jugendeinrichtungen beiträgt und den gegenseitigen Umgang zwischen Mädchen und Jungen erheblich entspannt. Doch die optimistischen Berichte über das bereits Erreichte ließen offen, inwieweit das Ziel von Gender Mainstreaming im Bewusstsein der Agierenden präsent ist. Geschlechtersensible Kinder- und Jugendarbeit bedeutet nicht, gleich viele männliche und weibliche Erzieher einzustellen, damit die einen dann mit den Jungs Fußball spielen und die anderen mit den Mädchen Tanzworkshops durchführen.

Die SprecherInnen der Tagung mögen wissen, dass es um die Aufweichung traditioneller Rollenverständnisse und um die Erlangung einer größeren Freiheit des Individuums in der Gestaltung des eigenen Selbst geht, aber ob dies auch in der Praxis umgesetzt wird, bleibt fraglich.


Weitere Informationen finden Sie unter:

www.gleichstellung-weiter-denken.de

Roberta – Lernen mit Robotern

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Beitrag vom 19.12.2010

Britta Meyer